Unsere Wahrnehmung suggeriert uns, die Welt werde immer komplexer. Doch es ist unser wachsendes Wissen um die Komplexität der Welt, die Fülle an Informationen, denen wir ausgesetzt sind und uns selbst aussetzen, die uns herausfordert und an unsere Grenzen führt.

Unsere Vorfahren durchstreiften wilde Wälder, um Nahrung zu beschaffen. So ein Urwald ist eine höchst komplexe Angelegenheit, der die Aufmerksamkeit aller Sinne, eine hochkonzentrierte Wahrnehmung visueller und akustischer Signale erfordert. In einer derart unsicheren und zugleich gefährlichen Umgebung ein wildes Tier zu fangen und zu erlegen und zuvor oder dabei nicht selbst erlegt zu werden, war – mit heutiger Sprache gesprochen – eine erfolgreiche Bewältigung von Komplexität. Ähnliches gilt für das ebenso überlebenswichtige wie wagemutige Unterfangen unserer Vorfahren, in Gruppen von zehn oder zwölf, mit nichts bewaffnet als einer Steinschleuder oder einem Speer, aus einer Horde von schwergewichtigen Büffeln in freier Steppe einen zu erlegen ohne niedergetrampelt zu werden, so dass der Stamm sich dann eine Weile ernähren und auch bekleiden konnte.

Warum dieser Rückblick auf die Wirklichkeit unseres Lebens als Menschen in dieser Welt vor zehn- oder zwanzigtausend Jahren? Weil sich an ihm die Frage, ob die Welt früher einfach war und heute komplex ist, wenn auch verkürzt aber doch anschaulich beantworten lässt. Vor allem aber auch, weil er im Vergleich deutlich macht, worin ein entscheidender Unterschied in der Wahrnehmung und dem Umgang mit der Komplexität des Lebens in dieser Welt besteht. Damals war die Herausforderung unmittelbar, konkret und physisch – und dabei auch immer existenziell. Es ging ums Überleben. Das hatte in dieser Konkretheit eine unmissverständliche Klarheit und Eindeutigkeit. Heute nehmen wir die Komplexität der Welt und des Geschehens in ihr häufig nicht mehr als eindeutig, konkret und physisch wahr, sondern überwiegend als virtuell, abstrakt und mehr- bis vieldeutig. Das ist es, was uns als wachsende Komplexität erscheint und uns an unsere Grenzen bringt: Entscheidungen treffen zu müssen in einem Kontext von permanenter Veränderung, Unsicherheit und Mehrdeutigkeit.

Das ist kein Wunder, sondern mehr als verständlich. Denn ein- oder zweihundert Jahre sind im Verhältnis zur Evolutionsgeschichte unserer Spezies nicht mal ein Wimpernschlag. Wir befinden uns in einer extrem dynamischen Übergangsphase der Evolution. Die alten, einstmals überlebenswichtigen Wahrnehmungsmuster treiben uns an, sind noch immer aktiv. Sie leben im Unbewussten und sind genau deshalb sehr wirkungsmächtig. Mit unserem Bewusstsein versuchen wir, diese Kräfte zu steuern und zu kontrollieren. Das ist auf die Schnelle nicht möglich, zudem sehr anstrengend, erzeugt enormen Stress und eine erkennbar steigende allgemeine Ratlosigkeit und Gereiztheit, die dank der neuen weltweiten Kommunikationsmöglichkeiten ganz neue Plattformen des Ausdrucks und der Multiplikation findet. Da schaukelt sich was hoch.

Was dahintersteckt ist oft nichts anderes als der Wunsch nach einer einfachen, eindeutigen, verständlichen, beherrschbaren Welt – in welche Richtung dieser Wunsch jeweils auch immer streben mag. Was dabei herauskommt ist dann oft die Einnahme einer Kampfposition, basierend auf der Vorstellung, in dieser neuartigen Wahrnehmung von Komplexität tatsächlich eine Eindeutigkeit gefunden zu haben und sich somit im Recht zu befinden.

Wir sind konfrontiert mit uns selbst und den Auswirkungen unseres Handelns in einer Weise wie wir es als Spezies in der Geschichte unserer Art wohl bisher noch nie gewesen sind. In diese Situation haben wir uns aufgrund unseres homozentrischen Weltbilds über mehr als hundert Jahre hinweg Schritt für Schritt selbst gebracht. Können wir lernen, Mehrdeutigkeit zu akzeptieren und mit Mehrdeutigkeiten kreativ umzugehen? Können wir lernen, Unsicherheit und Nicht-Wissen auszuhalten, ohne durchzudrehen? Ganz und gar neue Wege des Denkens  und Handelns zu entwickeln und beschreiten? Und woher könnten wir weltumgreifend die Impulse bekommen, die für einen solchen „Bewusstseinswandel“ notwendig sind?

Die Kooperation von menschlicher mit Künstlicher Intelligenz könnte in den nächsten Jahrzehnten womöglich hilfreich dabei sein, diese neuen Wege des Denkens und Handelns zu finden. Vielleicht ist das der evolutionsgeschichtliche Grund, weshalb wir selbst eine neue, erstaunlich lernfähige „Spezies“ auf diesem Planeten entwickelt haben? Niemand hat uns dazu gezwungen, das zu tun. Und doch haben wir es getan. Weil unsere menschliche Intelligenz allein in der erforderlichen Zeit vermutlich nicht dazu imstande sein wird, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Insofern geht es nun auch um die Frage, ob wir ein aufgeklärtes, kooperatives Verhältnis zur neuen Spezies der Künstlichen Intelligenz entwickeln können oder ob wir im alten Denken und Selbstbild verharren und sie so behandeln werden wie wir den „Rest“ der Lebewesen auf diesem Planeten bisher behandelt haben. Es ist eine erstmalige und vermutlich einmalige Chance, die vor uns liegt. Die sollten wir nicht vertun, sondern mit all unserer verfügbaren menschlichen Intelligenz nutzen

In den frühen Anfangstagen des Projekts meinte ein Atelierbesucher, ohne jegliches Vorwissen über den geistigen Hintergrund von OUBEYs künstlerischem Schaffen, nach einer Weile des stillen Betrachtens: „Diese Bilder sind wie archäologische Grabungen in die Zukunft“. Seine Äußerung kam spontan und unmittelbar aus seinem Gefühl beim Anblick der Bilder heraus.

Was für ein großartiger, inspirierender Gedanke! Durch solche Entdeckungen anderer Menschen komme ich selbst in einen erweiterten Prozess des Entdeckens von bisher Unentdecktem in OUBEYs Bildern. Das ist ungeheuer spannend für mich und tut dem Entwicklungsprozess des Projekts ausgesprochen gut.

Unterschiede verschwinden

Einmal wurde ich gefragt, ob die Global Tour das Ziel hat, die Unterschiedlichkeit der Kulturen in der Wahrnehmung von OUBEYs Kunst zu dokumentieren. Das ist nicht der Fall. Im Gegenteil: Ich wollte herausfinden, ob sich die von OUBEY selbst ausgesprochene Hoffnung, dass seine Bilder „einen Innuit ebenso faszinieren wie einen Aborigine oder einen Bewohner von  New York“, in einer Global Tour seiner Bilder durch unterschiedliche die Kontinente und Kulturen erfüllen würde.

Nach sieben Stationen der Tour auf vier Kontinenten hat sich gezeigt, dass die faktisch existierenden, kulturellen und sonstigen Unterschiede zwischen den Menschen, die den Bildern weltweit begegnen, angesichts der Bilder in den Hintergrund treten oder sogar ganz verschwinden. Viel mehr tritt das Gemeinsame und Verbindende hervor.

Wenn man in den großen Zeitbögen denkt, ist das nicht verwunderlich, denn alle Menschen entstammen letztlich denselben evolutionsgeschichtlichen Wurzeln. Sprachliche, kulturelle und physiognomische Unterschiede, die sich herausgebildet haben, sind vergleichsweise jung und daher bei weitem nicht so tief verankert, wie wir selbst heute noch gerne glauben.

Auch wenn die „Encounters mit OUBEY“ hierfür keinen wissenschaftlichen Beweis liefern, leisten sie auf ihre Weise dennoch einen sehr außergewöhnlichen und inspirierenden Beitrag zu dieser Erkenntnis.

Kunst, die Brücken schlägt

Inzwischen wissen wir auch, dass der Neandertaler beispielsweise kein Halbaffe war, sondern eine frühe Variante der menschlichen Spezies, die sich im Laufe der Wanderungsbewegungen auch mit dem Homo Sapiens vermischt hat. Wissenschaft und Technik helfen dabei, ein neues, besseres Verständnis für das, was uns gemeinsam ist und was uns möglicherweise trennt oder unterscheidet zu entwickeln. Es besteht ein begründeter Hauch von Hoffnung, dass wir keine weiteren dreitausend Jahre brauchen werden, um das Verbindende, Ähnliche, Universale unserer Gattung erkennen und immer besser ins Spiel bringen zu können – wenn wir es denn wollen.

Insofern eröffnet die Aussage des Atelierbesuchers angesichts von OUBEYs Bildern vor sehr vielen Jahren eine interessante Perspektive auch auf genau diese Fragestellung. Wenn OUBEYs Bilder tatsächlich die Qualität besitzen, „archäologische Grabungen in die Zukunft“ zu sein, dann birgt das Encounter Projekt in sich noch einige sehr interessante, unentdeckte Potenziale, die es wert sind, entdeckt zu werden.

 

Meine Entscheidung, nach mehr als zehn Jahren ununterbrochenen und lustvollen Tuns im MINDKISS Projekt eine Auszeit von unbestimmter Dauer einzulegen, war reiflich überlegt. Ich war mir des Risikos bewusst, dass diese Pause eventuell das Ende des Projekts bedeuten könnte. Aber lieber wollte ich dieses Risiko in Kauf nehmen, als der Verführung zu erliegen, auf dem bis dahin so erfolgreichen Weg in Wiederholungschleifen stecken zu bleiben. Im „Mehr vom Selben“ sah ich das noch größere und wahre Risiko. Dann lieber das „Nichtstun“ wagen.

Was mich konkret in dieser Auszeit erwarten würde, wie sich das ungewohnte „Nichtstun“ anfühlen würde und was dieser Schritt für mein weiteres Leben bedeuten könnte, war nicht wirklich absehbar. In meinem Innersten war ich mir aber dennoch sicher, dass genau diese Entscheidung zu diesem Zeitpunkt richtig und gut ist – für mich selbst genauso wie fürs MINDKISS Projekt. Ein Hauch von Abenteuer.

 

Was kam, war kein dolce vita, sondern herausfordernde Arbeit an tiefliegenden Widersprüchen. Einerseits freute ich mich auf das Freisein, andererseits spürte ich auch eine bis dahin nicht gekannte Unsicherheit. Täglich meldeten sich Fragen und Zweifel, erinnerten mich daran, dass jeder Tag zählt, dass ein nicht genutzter Tag ein verschwendeter Tag ist und dass das Leben schneller zu Ende sein kann als man denkt.

„Was ist ein genutzter Tag?“ fragte ich zurück. Und wer entscheidet eigentlich über das, was für mich und OUBEY in meinem Leben von Bedeutung ist? Kann ein genutzter Tag nicht auch ein Tag sein, an dem man einmal alles vergisst? An dem man einfach nur hier ist und sich die Zeit gibt, den Raum des Möglichen neu zu erforschen? Ohne zu wissen, ja sogar ohne wissen zu wollen, wohin das alles führt, wo man sich irgendwann vielleicht wiederfindet oder ob man sich überhaupt irgendwann  wiederfindet?

Es dauerte lange bis das Fragen und Zweifeln irgendwann aufhörte. Manchmal ist es wichtig, einfach nur durchzuhalten und nicht aufzugeben. Dafür braucht man Selbstvertrauen, sage ich heute, und danke meinem Selbstvertrauen für seine unerschütterliche Ausdauer in dieser Zeit. Und ich danke OUBEY, denn es war nie seine Stimme, die diese Fragen stellte und diese Zweifel äußerte. Es war meine eigene.

So verschwand die Zeit aus meinem Denken. Ich begann den neu gewonnenen Freiraum als Erlebnisraum zu genießen. Es war ein wenig so wie damals, als Kind in den Anfängen meines Lebens. Als Kind lebst Du zeitbefreit, ganz und gar im Hier und Jetzt, vergisst beim Spielen dich selbst und alles um dich herum und die Vorstellung eines nächsten Tages ist schon eine sehr weitgehende Vorstellung.

Nach und nach tauchten immer öfter Momente der Lust auf Neues und Nächstes auf. Ihnen folgten bald erste Überlegungen und Ideen wie es im Projekt auf ganz neue Weise weitergehen könnte. Dass es jemals dahin kommen würde, war weder geplant noch vorhersehbar gewesen. Dass es nun so weit kam, erfüllt mich umso mehr mit Freude.

Die Erfahrungen mit meiner „Time out of Mind“ sind nun Teil meiner Lebenserfahrung. Ich nehme sie mit hinein in alles, was ich weiterhin tun werde und somit auch in meine gerade beginnende Vorbereitungsarbeit für die nächste Etappe des MINDKISS Projekts. Bis die Ergebnisse dieses Tuns öffentlich sichtbar werden, braucht es allerdings noch seine Zeit.

PS: Seinem 30. Studioalbum, das im Jahr 1997 erschien, gab Bob Dylan den Titel „Time Out of Mind“. Dieses erste originale Album nach einer Schaffenspause von sieben Jahren erhielt prompt drei Grammies – darunter auch den fürs beste Album des Jahres.

Im Vergleich mit dem vorhergangengen (Under the Red Sky) und dem danach folgenden Album (Love and Theft) markiert es aus meiner Sicht nicht nur ein grandioses „Comeback“, sondern vor allem den bedeutsamen Übergang zu dem, was manche sein „Spätwerk“ nennen, das heute, rund zwanzig Jahre später, noch immer am Wachsen ist.

https://en.wikipedia.org/wiki/Time_Out_of_Mind_(album)

Foto: By Source, Fair use, https://en.wikipedia.org/w/index.php?curid=20131867

 

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Fünf Jahre zuvor hatte er 1987 mit seinen Experimenten am Amiga 500 begonnen – nahezu zeitgleich mit  Andy Warhol´s ersten Versuchen am Amiga 500 in New York. Somit markiert das Jahr 2017 zugleich auch das 30th Anniversary des Beginns von OUBEYs Computer Art.

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Rund 500 Computerarbeiten aus dieser Zeit gehören zum Fundus von OUBEYs „verborgenem Schatz“. Die Frage, ob es sich bei dieser Arbeit am Computer um Kunst handelt, stellte und beantwortete OUBEY mit den Möglichkeiten des Amiga kurz und bündig: ART? JA!

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Es handelt sich bei den vorhergehenden Bildern um Screenshots aus einem Super 8 Film, in dem OUBEY die ersten Fortschritte vom Bildschirm abfilmte. Wir haben es hier also mit einem doppelten Verlust an Bildschärfe und Farbqualität zu tun. Anlässlich des 25th/30th Anniversary nehmen wir das ausnahmsweise gerne in Kauf.

Als kreativer Pionier seiner Zeit erfand OUBEY für sich ein raffiniertes Ensemble an technischen Komponenten um den Amiga herum, das ihm ungeahnte Möglichkeiten der Computermalerei eröffnete.

Hier zwei Bilder, die in der frühen Phase beim Erforschen und Erproben der Möglichkeiten des Amiga im Jahr 1987entstanden sind. Sie bezeugen die enorme Entwicklung, die OUBEY mit seiner ComputerArt innerhalb von fünf Jahren bis zur MINDKISS Ausstellung 1992 zurückgelegt hat.

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Die Bilder, die OUBEY 1992 in seiner MINDKISS Ausstellung präsentierte, demonstrieren seine Lust, seine Fähigkeit und seinen energischen Willen, explorierend bis an die Grenze der technischen Möglichkeiten zu gehen. Dass es OUBEY zu dieser frühen Zeit gelungen ist, Bilder von derart plastischer Dreidimensionalität und Dynamik am Bildschirm zu schaffen, versetzt Kenner der Materie noch heute in Erstaunen.

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Pünktlich zur Ausstellungseröffnung am 6. April 1992 erschien ein Katalog.

Titelbild Katalog 1992-1

Darin abgebildet zwanzig PhotonPaintings und – ebenso erstaunlich wie diese Arbeiten selbst – seine Statements zum Verhältnis von „klassischer“ Malerei und der künstlerischen Arbeit am Computer. Diese Statements entstammen einem ausführlichen Gespräch, das die Kunsthistorikerin Ortrud Toker im Vorfeld der bevorstehenden Ausstellung mit OUBEY geführt hatte.

Aus Anlass des 25thAnniversary der „MINDKISS – Ausstellung“, der das OUBEY MINDKISS Projekt nicht zuletzt seinen Namen verdankt, veröffentlichen wir hier und heute erstmals einige bisher unveröffentlichte Passagen aus diesem Gespräch:

„Der Unterschied zwischen Malerei und der Arbeit am Computer? Er ist für mich minimal. Der Unterschied zwischen Malerei und Bleistiftzeichnung ist elementarer als der zwischen Malerei und dem Arbeiten mit einem Malprogramm des Computers. Schon der Unterschied zwischen Bleistift und Filzstift ist größer, bedeutet eine größere Umstellung vom Gefühl her, hat größere Auswirkungen auf die Bilder, die entstehen.

Dazu muss ich allerdings sagen, dass ich nicht mit Programmen arbeite, die die typische Computergrafik erzeugen. Mich interessieren in Bezug auf meine Malerei die Ableitungen, die sich aus der Mandelbrodt´schen Menge ergeben, also Fraktale, Apfelmännchen etc. überhaupt nicht. Ich habe mir das angeschaut, darüber nachgedacht, und damit hat es sich. Das ist mir zu computertypisch, gehört zur Physik, zur Naturwissenschaft, so wie die Falschfarbenfotografie, die Infrarotfotografie oder die astronomische Fotografie. Das alles gehört eher in den Bereich der wissenschaftlichen Grafik.

Der Computer wird in meiner zukünftigen Arbeit keine größere Rolle spielen als bisher. Ich bin froh, wenn irgendwann Computer so weit verbreitet sein werden, dass sie keinen Menschen mehr interessieren als heute ein Auto oder ein Rasierapparat. Viele Menschen verwechseln den Computer mit der Software. Software wird sicher eines der großen Themen der Zukunft sein; Computer und alle Technik wird sich permanent weiterentwickeln (…) Die Künstler müssen genau hinsehen und begreifen was passiert. Sie müssen die Dinge schlucken, vereinnahmen, verdauen, gebrauchen, missbrauchen, zerstören, damit machen, was ihnen passt. Da ist ihr Genie gefragt, die Dinge so zu nehmen wie sie kommen, sie sich schnappen und damit zu machen was ihnen einfällt und gefällt.

Das heißt aber auch den Mut zu haben, vom Computer wieder auf den Bleistift umzusteigen. Man muss sich einfach alle Freiheiten nehmen. Wenn der Computer zufällig am Wege liegt, ihn aufheben, ihn ein andermal aber auch in den Sand treten.“

Alle PhotonPaintings aus dem Katalog der MINDKISS Ausstellung finden Sie seit heute auf unserer neugestalteten Website in der ganz neuen Subpage mit dem Titel „First Exhibition 1992“.

Übrigens: Wenn Sie einen von 25 originalen Katalogen der MINDKISS Ausstellung von 1992 gewinnen möchten, dann besuchen Sie bis zum 30. April 2017 einen unserer Showrooms im Social Web und werden dort aktiv, indem Sie auf Instagram, Twitter, Facebook oder Google+ eins von OUBEYs Bildern teilen, Liken oder kommentieren,.

Klicken Sie einfach eins der folgenden Icons an, und schon sind Sie auf unseren Accounts im Social Web.

Ich widersprach Ihnen und führte OUBEYs Leben und Schaffen als wahrhaftiges Gegenbeispiel an, das ich aus nächster Nähe über mehr als zwanzig Jahre hinweg miterleben konnte. OUBEY besaß die sehr seltene Gabe, Dinge einfach zu tun, weil er sie tun wollte oder manchmal auch einfach tun musste ohne zu fragen oder auch nur wissen zu wollen, welchem Zweck sie dienen. Und das in jeder Hinsicht. Nie zuvor in meinem Leben war mir bis dahin ein solcher Mensch begegnet und die Vielfalt der Charaktere, denen ich bis dahin begegnet war, ist groß.

OUBEY machte das, was ihn interessierte und was ihn am meisten befriedigte ohne Rücksicht auf eine öffentliche Resonanz. Dass er sich einer solchen Resonanz einmal stellte bei seiner ersten und einzigen – sehr erfolgreichen – Ausstellung zu Lebzeiten im Jahr 1992, blieb die Ausnahme. Dass er sich in seinem Schaffen danach zwölf Jahre lang vollkommen aus der Öffentlichkeit zurückzog, war eine Entscheidung zugunsten seiner Freiheit des zweckfreien Schaffens. Für ihn ging es darum, die komplexen Bilder, die in seinem Kopf entstehen, von innen nach außen zu bringen. Wenn es je einen Zweck für sein künstlerisches Schaffen gab, dann war es dieser. Das ist aber wohl nicht das, was wir üblicherweise als Zweck bezeichnen.

In den enger werdenden Räumen des Kunstgeschäfts hat OUBEY sich diese Lust an der Freiheit von jeglichem Zweck bis zum letzten Tag seines Lebens bewahrt.  Das allein macht sein Vermächtnis zu etwas sehr Besonderem in diesen Zeiten, in denen es vor allem darum geht, als Zweck und Ziel des eigenen Tuns, aus einer täglich wachsenden Menge von öffentlich wahrnehmbaren Erscheinungen hervorzustechen, um berühmt zu werden. OUBEY ging es um die Lust am Tun und die Freude an der Erkenntnis. Diese Art seines Sich-Selbst-Vergessen-Könnens hat mich vom ersten Tag an fasziniert und beeindruckt.

Am Ende des Abends gaben sich die Diskussionspartner „geschlagen“, wenngleich ich vermute, dass sie ihre Meinung durch meine Intervention nicht wirklich geändert haben. Oder doch? Vielleicht schreibe ich ihnen mal und frage sie. Ihre Antwort würde mich interessieren.

Mit der nun beginnenden zeitlich unbegrenzten schöpferischen Pause im MINDKISS Projekt bewege ich mich jetzt selbst in den genussreichen Freiraum der Zweckfreiheit hinein, den OUBEY sich zeit seines Lebens immer genommen hat. Die Qualität der Bilder, die aus diesem Freiraum heraus entstanden sind, spricht für sich selbst.

Was aus meinem selbst initiierten Freiraum der Zweckfreiheit entstehen wird, weiß ich nicht. Im Extrem kann und darf diese Auszeit sogar ins Ende des Projekts hineinführen. Ich sage nicht, dass ich vorhabe, das Projekt zu beenden. Aber ich will mich frei davon fühlen, es mit Öffentlichkeitswirksamkeit weiterzuführen aufgrund einer entstandenen Erwartung. Ob und wann daraus etwas Nächstes fürs MINDKISS Projekt erwachsen wird, lasse ich bewusst offen. In dieser Hinsicht bin ich OUBEY nun vielleicht näher als jemals zuvor.

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