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HURRA, DER WELTRAUMTOURISMUS IST DA?

Am 21. Juli 1969 betrat der amerikanische Astronaut Neil Armstrong als erster Mensch den Mond. 50 Jahre nach diesem Meilenstein der Menschheitsgeschichte, kündigte die NASA kürzlich an, dass sie ab 2020 kommerzielle Flüge zur Internationalen Raumstation (ISS) anbieten will. Und die Interessenten stehen Schlange für diese Touristenflüge ins All, obwohl allein das Ticket für den Flug gerade mal eben 58 Millionen Dollar kostet – Unterkunft und Verpflegung kosten noch mal ein paar Millionen extra. Was bringt Menschen dazu, ein Vermögen für einen Flug ins All zu investieren? Eine Sehnsucht, die in jedem von uns steckt?

Ich jedenfalls hatte diesen Traum in den Weltraum zu fliegen schon als Kind. „Peterchens Mondfahrt“ war mein Lieblingsmärchen. Wie Abermillionen Menschen auf der ganzen Welt war ich später dann ebenso fasziniert wie berührt von der legendären Aufnahme, die William Anders aus der Apollo 8 heraus machte: Die strahlend blaue Erdkugel, frei im Dunkel des Weltraums schwebend. Und durch die Begegnung mit OUBEY entdeckte ich auch mein Interesse an der Science-Fiction mit ihren fantastischen Geschichten über menschliche Expeditionen in die Weiten des Alls, wie sie beispielsweise Perry Rhodan als Held der einzigartigen gleichnamigen Serie erlebt. Kennen auch Sie diese Sehnsucht? 

Faszination „da draußen“

Auch wenn wir heute enorm viel über das Universum, seine Struktur und seine Entstehungsgeschichte wissen und erklären können, bleibt der Blick hinauf in den Nachthimmel zum Mond und den Sternen doch noch immer etwas Wunderbares, das wir in seiner Größe und Bedeutung nicht wirklich verstehen, das uns zugleich aber anzieht und beschäftigt wie wenig anderes. An Orten wie Ayers Rock in Australien, an denen es meilenweit kein elektrisches Licht gibt, erstrahlt der Nachthimmel in einem ganz besonders intensiven Glanz. Menschen, die dort eine Nacht verbracht haben, berichten, dass dieses Erlebnis ihre Seele tief berührt hat.

In solchen Momenten spüren wir unsere tiefe Verbindung zum Weltall. Der Anblick allein eröffnet uns Zugang zu dem unbewussten Wissen, dass wir dort herkommen und dort wieder hingehen. Jeder Astronaut, der im Weltall war, sagt, dass er verändert wieder zurückgekommen ist. 

Und natürlich ist da auch die Neugier, unbekannte Welten zu entdecken und  zu erobern, Grenzen zu erproben und zu überschreiten – im Kopf wie auch in der Realität. Die Erde tatsächlich zu verlassen, um auf dem Mond oder einem anderen Planeten zu landen, wurde spätestens seit Jules Verne zu einer so starken Idee, dass sie nur hundert Jahre später von Menschen tatsächlich realisiert wurde. Eigentlich kaum zu glauben, aber doch wahr.

Wohnen im Weltraum

So wie die Entdecker und Abenteurer einst die heimischen Häfen Europas verließen, um in die Neue Welt überzusetzen, so verlassen Menschen in der Zukunft vielleicht ihren Heimatplaneten ganz, um ein neues Zuhause im Weltall zu finden.

Die Besiedlung des Weltraums – eine aufregende Idee, die auch OUBEY bereits während seines Architekturstudiums im Rahmen eines Projekts zur „Gestaltung Prototypischer Raumkolonien“ beschäftigte. Technische, architektonische, biologisch-ökologische und psychologisch-soziale Fragen wurden auf wissenschaftlichem Niveau bearbeitet und, im Rahmen der Möglichkeiten, beantwortet. Die Projektdokumentation ist heute noch interessant zu lesen.

Ein Gedanke dahinter war der: „Durch einen glücklichen Zufall hat es uns wie auch vielfältigstes Leben anderer Art hierher geweht. Wir Menschen haben als Spezies auf dieser Erde im Laufe der Evolutionsgeschichte eine sehr erstaunliche Entwicklung genommen. Dabei haben wir uns vor allem in den letzten zweihundert Jahren geradezu rasant vermehrt und immer mehr Raum eingenommen. Das tut der Erde nicht gut. Deshalb sollten wir sie in Ruhe lassen und uns da draußen eine neue Heimat schaffen. Wie könnte oder sollte dieser neue Raum aussehen?“ 

Was für eine herausfordernde Aufgabenstellung, an der Ermöglichung dieser Ideen zu arbeiten.

Wohin die Sehnsucht führt

Der Schritt von einer Raumfahrt, die ausschließlich ausgebildeten und ausgewählten Astronauten offensteht, hin zur Möglichkeit eines Weltraumtourismus steht uns nun jedenfalls schon mal sehr konkret bevor. So weit, so gut, so schön …?

Sehnsuchtsorte der Menschheit gibt es ja schon lange. Bis vor sieben oder acht Jahrzehnten waren vor allem die weit entfernt liegenden Sehnsuchtsorte nur für Menschen mit entsprechendem Vermögen erreichbar. Indem sich dann mit dem Aufkommen des Massentourismus immer mehr Menschen ihren Traum vom paradiesischen Urlaubsziel erfüllen konnten, trat umgekehrt ein Prozess der Zerstörung dieser einstigen Sehnsuchtsorte ein.  Denn wenn jeder, der sich einen einsamen Palmenstrand wünscht, ihn auch bekommt, ist der Strand die längste Zeit einsam gewesen. Von anderen unerwünschten Nebenwirkungen einmal ganz abgesehen.

Ein Ausflug zur ISS wird erst einmal nur für Reiche möglich sein, die eine solche Ausgabe schmerzfrei entbehren können. Der Tourismus dorthin wird deshalb und aufgrund der Tatsache, dass die ISS nur einer sehr kleinen Zahl von Besuchern Raum bietet, begrenzt bleiben. Ob überhaupt und, wenn ja, wann diese Grenzen in Richtung eines Massentourismus gesprengt werden, ist nicht absehbar. Was passieren würde, wenn der Weltraumtourismus sich so entwickeln sollte, dass er für Normalverdiener erschwinglich wird, bleibt also erst mal eher Science-Fiction. 

Die Fantasie lässt viele Szenarien zu. Würde uns ein Weltraum-Tourismus als Menschheit weiterbringen, indem wir unser Bewusstsein schärfen, die Zusammenhänge zwischen Kosmos, Erde und Mensch besser zu erkennen und uns in diesen Zusammenhängen neu einzuordnen? Oder würden wir als Touristen den Weltraum genauso behandeln, wie wir es bisher mit den Sehnsuchtsorten und Sehenswürdigkeiten auf dieser Erde getan haben? 

Die Lust an hemmungsloser Expansion in diesem Sektor nimmt auf der Erde immer noch zu und hat mit den gigantischen Kreuzfahrtschiffen, die seit einigen Jahren beispielsweise täglich die Lagune von Venedig okkupieren, einen nächsten Höhepunkt erreicht. Tausende von Menschen werden entladen, fallen einen halben Tag über die Stadt her und wenn alle am Abend wieder an Bord sind, geht es weiter zum nächsten Station. Wer die Bilder gesehen hat, weiß, wovon ich spreche.

Ich bin und bleibe begeistert von der Erforschung des Weltraums durch Astronomen und Astronauten, die zugleich Experten unterschiedlichster Wissenschaftsrichtungen sind. Ich finde die Idee einer Besiedlung anderer Planeten in künstlich angelegten Weltraumkolonien nach wie vor faszinierend. Die Fortschritte bei der Entwicklung Künstlicher Intelligenz eröffnet hier ganz neue Perspektiven, die bis vor zehn oder zwanzig Jahren nur als Science-Fiction vorstellbar waren, nicht aber als immer realistischer werdende Option. Doch ich bin auch skeptisch, wenn ich an mögliche Begleiterscheinungen und Konsequenzen denke, die hierbei durch die bekannten Verhaltensmuster und Einstellungen unserer Gattung hervorgerufen werden können. Sind wir in der Lage, diese selbst erstellte Herausforderung nicht nur technisch und physisch zu meistern, sondern auch ethisch? 

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