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Neugier ist keine Kinderkrankheit

Es gibt Menschen, die scheinen alles zu kennen, zu wissen oder schon mal gehört oder gesehen zu haben. Sie stellen keine Fragen, haben aber auf alles eine Antwort. Sie haben das Staunen verlernt und Neugier ist für sie eine Kinderkrankheit.

Wer nicht fragt bleibt dumm

Dabei geht doch nichts über eine gute Frage, denn jeder Lern- und Erkenntnisprozess beginnt mit der Neugier, aus der eine Frage entsteht, die nach einer Antwort sucht. 

Das wusste bereits Sokrates, der im 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung seine philosophische Schule gründete und seine Studenten lehrte, kluge Fragen zu stellen. „ Ich weiß, dass ich nicht weiß“ heißt sein berühmter Ausspruch, mit dem er alles hinterfragte, was allgemein als Wissen und selbstverständlich galt. 

Für ihn war klar, dass wirkliche Weisheit nur Derjenige erlangt, der sich mit Demut und Neugier in die Welt hinaus begibt. Wer fragt und hinterfragt, der kann zu echten Erkenntnissen kommen. Deshalb ist die Ausgangslage des „Nicht-Wissens“ einer der Grundpfeiler seiner Denkschule. 

Neugier als Schlüssel zur Vielfalt

Ich bin überzeugt, dass Sokrates Recht hat. Die Fülle der ungelösten Fragen  dieser Welt und des Universums, dessen Teil wir sind, ist so groß, dass jede neu gefundene Antwort auf eine Frage bereits eine nächste Frage auslöst. So geht das jedenfalls den forschenden Wissenschaftlern, denen wir einiges an Erkenntnissen und Entwicklungen verdanken. Zu glauben, ein Einzelner könne auf alles eine Antwort haben, begrenzt den Horizont der Fragen auf ein überschaubares Feld. Wer glaubt, dass es nichts Neues mehr unter der Sonne gibt, hört auf, die Welt zu entdecken und dabei auch sich selbst zu erkennen. Er bleibt stehen und hört damit auf, sich weiterzuentwickeln.

Leben bedeutet aber Bewegung und Vielfalt. Und ist nicht genau dafür die Kunst des Fragens ein elementares und zutiefst kluges Werkzeug für unser Leben? Neugier ist ein Schlüssel, um die Tore zu einer Welt der Vielfalt aufzuschließen.

Raum für Entdeckung

Nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die  Kunst kann dieses Fragen, Staunen und Entdecken auslösen. OUBEY war der Kunst ebenso verbunden wie der Wissenschaft. Er war ein fragender, forschender Künstler. Seine Bilder stellen Fragen, sie geben aber auch Antworten, die ihrerseits zu neuen Fragen führen. Das macht sie so spannend. 

Dass OUBEYs Bilder diese Qualität haben, konnte ich in den Encounters immer wieder erleben. Die Betrachter stehen nachdenklich, fasziniert, überrascht und mit fragendem Blick vor seinen Werken. Sie begeben sich auf eine Entdeckungsreise in die Bilder hinein. Voller Neugier lassen sie sich auf die Fragen ein, die die Bilder in ihnen auslösen. Und suchen, emotional berührt, in ihrem Inneren nach Antworten.

Was beim Betrachten von OUBEYs Bildern nicht hilft, ist ein scheinbar allwissender Gelehrter, der sie auf eine Erklärung reduziert.. Sie brauchen einen weiten, offenen Raum der Begegnung mit Menschen und mit der Welt. Dann kommen die Fragen und die Antworten auf die Fragen wie von selbst. Aus dem Innersten der Betrachter.

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