Thoughts & Insights
Das Leben ist kurz wie eine Badehose
Als ich vor drei Wochen „zwischen den Jahren" planlos durch die Regale unserer angesammelten Bücherwelt streifte, griff ich irgendwann spontan nach zwei Bildbänden. Sie lagen quer über den anderen, ordentlich aufgereihten Büchern, was dem Charakter des Künstlers, dessen Werk sie beinhalten, sehr entsprach. Herbert Achternbusch.
Sofort vertiefte ich mich zum ungezählten Mal aufs Neue in „Die Föhnforscher“. Das Buch hatte ich mir, zusammen mit dem Katalog zur Ausstellung originaler Bilder des Malers Herbert Achternbusch gekauft, als ich sie vor mehr als 25 Jahren im Künstlerhaus Bethanien in Berlin besucht hatte. Es war das erste und blieb das einzige Mal, dass ich in diesen Genuss kam. Bis dahin wusste ich nicht einmal, dass Achternbusch auch ein Maler ist, ja sogar ursprünglich von der Malerei kommt.
Bis dahin kannte ich nur seine Filme, die mich in ihrer manchmal vordergründig banal erscheinenden, tatsächlich aber ebenso sarkastisch-skurrilen wie tiefgründigen und nicht zuletzt subversiv komischen anarchistischen Art faszinierten. Ganz anders als Luis Bunuels frühe Filme „Der Andalusische Hund“ und „L´Age d´Or“. Kein Surrealismus, aber dennoch eine filmische Verschiebung dessen was wir Realität nennen auf ein Niveau, das Normalität aus sich selbst heraus in Frage stellt. Insofern ist da ein verwandter Geist spürbar für mich. Ein Geist, der auch in OUBEYs einzigem, bisher noch unveröffentlichten Stummfilm „Gestern unter Wasser /Inside Out“ aus dem Jahr 1984 lebendig ist.
Doch es waren erst seine Bilder, denen ich 1988 unerwartet im Bethanien begegnete, die mehr als Interesse an Herbert Achternbusch und seinem Werk in mir weckten. Es war so etwas wie Liebe und diese Liebe blühte sofort wieder auf, als ich da vor ein paar Wochen zeitvergessen in meinem Lesesessel saß und durch die Welten seiner Bilder streifte, die er selbst oft durch eine handschriftliche Notiz oder ein kurzes Gedicht ergänzt hat. Das gibt ihnen etwas sehr Persönliches, manchmal fast Privates.
Noch an diesem Abend machte ich mir ein paar erste Notizen. Vielleicht würde ich mich ja mal an einen Beitrag wagen über einen der wenigen lebenden Künstler, die mir etwas bedeuten, weil sie mir mit ihrem ebenso eigenwilligen wie hochklassigen Werk so viel gegeben haben, von dem ich bis heute zehre?
Während ich gestern Abend noch einmal an meinen Beitrag über diesen wunderbaren, unbeugsamen und doch irgendwie immer auch liebevollen und liebenswerten, weil humorvollen Anarchisten Herbert Achternbusch arbeitete, erfuhr ich dann, dass er uns Lebenden wenige Tage zuvor im Alter von 83 Jahren vorausgegangen ist auf dem Weg, den wir alle irgendwann gehen. Synchronizität?
Heute sind die Feuilletons voll mit Nachrufen. Nachrufe sind nicht meine Sache. Doch nach dieser unverhofften, wunderschönen und sehr persönlichen Wiederbegegnung mit ihm „zwischen den Jahren“ habe ich für ihn, für mich und irgendwie auch für OUBEY heute meinen Beitrag komplett neu geschrieben und werde ihn so nun auch veröffentlichen. Mit einer tiefen Verbeugung, großem Dank und sehr viel Liebe im Herzen.
Falls sich jemand über den Titel dieses Beitrags wundert – er ist Achternbuschs Eingangszitat in seinem Buch „Die Föhnforscher“.
Die Bilder stammen aus Achternbuschs Buch „Die Föhnforscher“ und dem Ausstellungskatalog „Herbert Achternbusch – Der Maler“.
Wer mehr über Herbert Achternbusch erfahren möchte, findet Informationen auf Wikipedia und in den Nachrufen der einschlägigen Feuilletons im Internet.
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