Thoughts & Insights
OUBEY, Rilke, Der Panther und ich
OUBEY und ich hatten – so unterschiedliche Persönlichkeiten wir auch waren – eine vollkommene Übereinstimmung in dem, was ich das Wesentliche nennen möchte. Zu diesem Gemeinsamen gehörte auch die Liebe zur Poesie, ganz besonders zur Poesie von Rainer Maria Rilke, die uns beide, unabhängig voneinander, schon sehr früh in unserem Leben erreicht und berührt hat.
Einige Gedichte haben dabei eine besondere Bedeutung und Wichtigkeit erlangt. Zu diesen Gedichten gehört für mich bis heute auch „Der Panther“.
Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehen der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf—. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille—
und hört im Herzen auf zu sein.
Aus: Rainer Maria Rilke – Neue Gedichte (1907)
Germanisten haben die machtvolle Wirkungsästhetik dieses Gedichts aus dem meisterhaften Einsatz sprachlicher und nichtsprachlicher Elemente heraus mehr als einmal eindrucksvoll analysiert. Das ist gut so und von großem Wert.
In letzter Konsequenz liegt die besondere Ebene der Wirkungsästhetik dieses Gedichts für mich aber darin, dass ich, seit ich es vor sehr langer Zeit zum ersten Mal las, bis zum heutigen Tag keinen Zoo mehr besucht habe.
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