Popularität ist etwas, von dem viele Künstler zunächst träumen, solange sie noch unbekannt und wenig erfolgreich sind. Erreicht einer dann den Status eines Superstars oder wird gar zur Ikone, dann wird diese Popularität oft zur Last, denn sie macht es schwer möglich, ein „normales“ Privatleben zu führen – belagert von hysterischen Fans oder gejagt von wild gewordenen Paparazzi. Selber schuld – das ist eben der Preis des Ruhms, mögen Sie vielleicht denken. Dafür leben diese Stars immerhin ein Leben im Luxus und haben keine anderen Sorgen.
Ich sehe das nicht so. Viele Künstler werden getrieben von Erwartungen, die Presse und Fans an sie stellen. Wie geht man als Mensch mit solchen Erwartungen um? Wie kann man sie steuern oder sogar unbeirrt und frei seinen eigenen Weg gehen? Viele schaffen das nicht und scheitern daran wie seinerzeit beispielsweise Elvis Presley, oder der von Kindheit an zur Leistung auf der Bühne getrimmte Michael Jackson. Sie haben uns großartige Musik geschenkt, waren megaerfolgreich und sind bis heute im kollektiven Gedächtnis der Weltöffentlichkeit, doch waren sie in ihrem Leben wirklich glücklich?
Im Scheinwerferlicht, auf der Bühne oder am Set mag ein Glück möglich sein. Da zählt die Kunst und die Rollen sind klar. Doch was passiert, wenn der Künstler den Schutzraum der Bühne verlässt und auf sich selbst gestellt ist? Oder wenn er den Erwartungen der Menge nicht (mehr) genügt? Wer sieht den Menschen abseits der Bühne und vor allem: wer respektiert ihn?
Viele sind daran zerbrochen, denn der Erfolg ist kein Garant dafür, dass man auch als Mensch glücklich wird. Wenn Erfolg ein bestimmtes Stadium des Ruhms erreicht, fordert er einen sehr hohen Preis.
Für Künstler ist zu allererst einmal die Kunst, die Bühne oder das Studio ein Ort der Heimat. Und auch ihr Zufluchtsort. Hier können sie sich ausdrücken, wie sie sind. Und hier sind sie zunächst sicher, denn in ihrem Entstehungsprozess ist die Kunst nicht angreifbar. Angreifbar wird der Künstler erst, wenn er an die Öffentlichkeit geht, sich und sein Werk exponiert.
Gute Kunst offenbart das Innerste und ist deshalb immer zutiefst persönlich. Das schafft Ängste und kostet Energie. Wenn die Öffentlichkeit ins Spiel kommt, versucht sie dann, etwas aus dem Menschen hinter dem Werk zu machen, was er vielleicht gar nicht ist.
Manche zerbrechen daran, andere entwickeln eine Resilienz – allein, in der Band oder weil sie eingebettet sind in ein familiäres Umfeld, das sie schützt. Wie ein stabiles Boot, das sie durch das wogenden Meer der Öffentlichkeit Wahrnehmung steuert.
Meine absolute Nummer eins als Künstler und auch als unbeugsame, willensstarke Persönlichkeit war immer Bob Dylan, seit Jahren besuche ich seine Konzerte. Er wurde von seinen Fans, die in ihm den Folksänger oder politischen Rebell sehen wollten, als „Verräter“ ausgebuht und beschimpft, als er 1966 erstmals mit elektrischer Gitarre und Orgel seine neueste Komposition „Like A Rolling Stone“ auf der Bühne spielte. Für ihn war dieser neue Sound eine Entdeckung und Erweiterung seiner künstlerischen Möglichkeiten. Dafür hatten die selbst erklärten Fans kein Verständnis. Sie wollten ihm ihr Bild von ihm aufzwingen und machten damit deutlich, dass er ihnen sowohl als Künstler wie auch als Mensch Bob Dylan egal ist.
Wie er sich damals dabei fühlte, weiß nur er. Aber dass er sich davon nicht beeindrucken ließ, sondern bis zum heutigen Tag unbeirrt immer das getan hat, was er gut und richtig fand – notfalls „against all odds“ – das weiß inzwischen jeder. Bei Konzerten verändert er seine Lieder nach Belieben, versetzt „Blowin´ in the Wind“ schon mal in den Walzertakt, wenn er Lust dazu hat. Als ich ihn zum ersten Mal live spielen hörte, konnte ich keinen einzigen Song auf Anhieb erkennen. So etwas habe ich nie vorher und auch seither nie bei einem anderen Künstler erlebt. Das führte jedoch erstaunlicherweise nicht zu einer Enttäuschung des Publikums. Im Gegenteil: Irgendwann ging der ganze Saal nur noch mit, folgte dem Sound und dem Rhythmus und hatte einen großartigen, unvergesslichen Abend – mich eingeschlossen.
Was Bob Dylan von sich preisgeben will, drückt er in seinen Texten und seiner Musik aus. Interviews mit ihm sind eine Rarität. Das wirkt auf mich sehr kongruent, stark und ehrlich und ist – mit allen damit verbundenen Ecken und Kanten – dann auch noch sehr erfolgreich. Ein Glücksfall. Mensch und Künstler sind eine Einheit – und seine Fans akzeptierten das seit Langem. Er hat sich durchgesetzt und sie respektieren ihn und seine Persönlichkeit.
Diese Haltung spiegelt nicht nur meine Einstellung gegenüber jedem Künstler, sondern auch jedem Menschen überhaupt – und sie spiegelt dabei immer auch mein Verhältnis zu OUBEY.
Prominent oder nicht – ich sehe immer auch den Menschen im Künstler.
Deshalb fiel es mir nie schwer, OUBEY genauso zu akzeptieren wie er war. Auch er war ein großartiger Künstler mit einem starken und unbeugsamen Charakter, ging konsequent seinen eigenen Weg. Er brauchte großen Freiraum für eigenes Denken und Tun und genauso brauchte er die liebevolle Rückendeckung eines Menschen – beides gab ich ihm gerne.
Ich liebe den Künstler und verehre ihn, doch ich sehe immer auch den Menschen, der Mitgefühl und Respekt verdient. Den übergriffige Penetranz in seiner freien Entfaltung einschränkt und der niemanden braucht, der sich neugierig in sein Leben drängen will. Darum war es umso schöner, dass OUBEY mich in sein Leben einlud und mich teilhaben ließ an seinem Werk.
„Marilyn Monroe – Die Unbekannte“, Ausstellung Historisches Museum der Pfalz in Speyer.
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Derartige Ausstellungskonzepte orientieren sich zweifellos an den Sehgewohnheiten unseres medialen Zeitalters. Zu behaupten, Museen und andere Ausstellungshäuser müssten mit der Zeit gehen und aktuell sein klingt zunächst vielleicht opportunistisch. Und doch ist etwas Wahres daran. Damit die Besucherzahlen in Museen nicht sinken, müssen Betreiber und Kuratoren umdenken und sich neuen Ideen öffnen. Natürlich sagen Kritiker zu Recht, dass eine filmische Projektion niemals die Qualität des Originalwerks erreichen kann. Deshalb reise ich ja schließlich auch mit OUBEYs originalen Bildern zu Menschen in aller Welt und nicht mit filmischen Projektionen dieser Bilder.
Die Ausstellung in der Alten Münze hatte jedoch keineswegs den Anspruch, die Begegnung mit den Originalen ersetzen zu wollen. Hier ging es wohl eher darum, mit einfachen Mitteln und ohne teuren Aufwand die Werke all dieser großartigen Künstler an einem Platz zu versammeln und sie auf eine ungewohnte und sehr unterhaltsame Weise zugänglich zu machen. Kino und Kunst mischten sich und schufen einen neuartigen Erlebnisraum, in dem statische Bilder in Bewegung geraten. Die untermalende Klangkulisse war sicher notwendig, zugleich empfand ich sie aber gelegentlich auch als zu weit gehende Beeinflussung der Bildwahrnehmung.
Die Menschen im Raum hatten jedenfalls ganz offensichtlich ihr Vergnügen an dieser „Show“. Sie ließen das Ganze einfach auf sich wirken – niemand fragte nach Erklärungen, niemand erklärte etwas.
Besonders erstaunt war ich über die große Zahl an Jugendlichen, von denen man üblicherweise ja sagt, dass sie nicht unbedingt zu den begeistertsten Kunstausstellungsbesuchern gehören. Sie hatten es sich auf den Sitzsäcken in der Mitte des Raums bequem gemacht, beobachteten entspannt das Farbenspiel an den Wänden, flüsterten sich hin und wieder etwas zu und niemand störte sich daran. Hat dieses Ausstellungskonzept vielleicht einen Weg gefunden, die Kunst der letzten 150 Jahre für junge Leute von heute interessant zu machen?
Auch die Erwachsenen genossen sichtbar diese entspannte Atmosphäre und wechselten immer wieder ihre Sitzplätze, um die Kunst an den Wänden aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten zu können. Was dem Ganzen vielleicht an intellektuellem Tiefgang fehlte, wurde durch die unmittelbare Sinnlichkeit des Genießens wettgemacht.
Wenn klassische Malerei, die der analogen Welt entstammt, auf so gelungene Weise in die digitale Welt transferiert wird, dann stehen Ernsthaftigkeit und Unterhaltung nicht im Widerspruch zueinander, sondern ergänzen sich gegenseitig. Und wenn auf diese Weise mehr Menschen Freude und Interesse an der Kunst bekommen, dann hat die Unternehmung schon ihren Zweck erfüllt. Am Ende führt der Weg ohnehin immer wieder zu den Originalen und das finde ich gut so.