Thoughts & Insights
Der Sommer kommt nur zu den Geduldigen
"Künstler sein heißt: nicht rechnen und zählen, sondern reifen wie der Baum, der seine Säfte nicht drängt und getrost in den Stürmen des Frühlings steht ohne die Angst, dass danach kein Sommer mehr kommen könnte. Er kommt. Aber er kommt nur zu den Geduldigen, die leben als ob die Ewigkeit vor ihnen läge. So sorglos, still und weit. Das lerne ich täglich. Ich lerne es unter Schmerzen, wofür ich dankbar bin. Geduld ist alles."
Diese geradezu poetische Aussage über das, was es bedeutet, Künstler zu sein stammt von Dennis Hopper. Nein, nicht von Edward, dem Maler, sondern von Dennis, dem Filmschauspieler und Regisseur, der auch ein sehr guter Fotograf war und auch selbst malte.
Er gehörte wohl zu den exzentrischsten Persönlichkeiten, die Hollywood je erlebt hat. Wurde berühmt durch Easy Rider (1969), in dem er auch Regie führte, und 1rbeitete mit den weltbesten Regisseuren in legendären Filmen wie, Apocalypse Now (1979), Blue Velvet (1986), Speed (1994) und Waterworld (1995). Wim Wenders und Bruno Ganz waren bei den Dreharbeiten zu „Der amerikanische Freund“ einst wohl kurz davor, an seinen Attitüden zu verzweifeln, als sich die Zusammenarbeit in einer langen gemeinsamen, alkoholbegleiteten Nacht der beiden Schauspieler dann glücklicherweise zum Positiven wendete.
Cineasten, die wir waren, verband OUBEY und mich von „Blue Velvet“ an – dem ersten Film mit Dennis Hopper, den wir gemeinsam im Kino gesehen haben – eine Begeisterung für diesen großartigen Schauspieler. Vor zwei Jahren entdeckte ich dann zufällig den ausgezeichneten und sehr intensiven Dokumentationsfilm „Uneasy Rider“ von Hermann Vaske über Dennis Hopper. Darin finden sich, neben dem Eingangszitat dieses Beitrags, so viele substanziell kluge Gedanken über Kunst, Leben und Tod, dass ich einige seiner Gedanken heute hier unkommentiert teilen möchte.
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Finde Deine Antwort und folge ihr
Frage Dich in den stillsten Momenten Deiner Nacht: Muss ich schreiben? Gehe tief in Dich, um diese Frage zu beantworten. Und wenn die Antwort positiv sein sollte, und wenn Du dieser ernsten Frage mit einem starken „Ich muss“ entgegnest, dann gestalte Dein Leben so, dass es zu dieser Notwendigkeit passt.
Ganz allein in sich selbst
Es geht immer ums Austragen und Gebären. Jeden unvollkommenen Eindruck und jeden unvollkommenen Keim eines Gefühls zur Vollendung kommen zu lassen, ganz allein in sich selbst, im Dunkel, im Unsagbaren, im Unbewussten jenseits der Reichweite eigener Intelligenz/des Verstandes in großer Demut und Geduld abwarten. Die Geburtsstunde einer neuen Klarheit. Das allein (und nichts anderes) ist das Leben eines Künstlers.
Die Kunst ist eine Art zu leben
Auch die Kunst ist eine Art zu leben. Darum schütze Dich vor diesen allgemeinen Dingen und gehe denen nach, die Dein tägliches Leben Dir bietet; beschreibe Deine Sorgen und Sehnsüchte, vorüberziehende Gedanken, den Glauben an eine Art von Schönheit – beschreibe all das mit liebevoller, stiller, bescheidener Aufrichtigkeit und nutze es, um selbst einen Ausdruck für die Dinge in Ihrer Umgebung zu finden, für die Bilder aus Deinen Träumen und die Gegenstände Deiner Erinnerung.
Das ist Kunst
Mir gefällt was Duchamp einmal über “den Künstler der Zukunft” sagte, „der ein Mann sein wird, der mit dem Finger zeigt und sagt `Das ist Kunst´ und dann wird es Kunst sein.
Der Künstler muss eine Welt für sich sein
Vielleicht kommt es soweit, dass man Dich einen Künstler nennt. Dann nimm´ dieses Schicksal an und trage es, seine Last und seine Größe, ohne je zu fragen, welchen Lohn Du dafür von der Außenwelt bekommst. Denn der Künstler muss eine Welt für sich sein und alles in sich selbst und in der Natur finden, mit der er selbst verbunden ist.
Der einzige Mut, der von uns gefordert ist
Das ist im Grunde der einzige Mut, der von uns gefordert ist: den Mut zu haben für das Seltsamste, Einzigartigste und Unerklärlichste, dem wir möglicherweise begegnen. In diesem Sinn ist die Menschheit feige gewesen, hat dem Leben endloses Leid angetan. Erfahrungen, die „Visionen“ genannt werden, die ganze sogenannte Welt des Geistes, der Tod und all diese Dinge sind so nah, sie gehören zu uns.
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Hopper´s Aussagen stehen und sprechen für sich. Sie brauchen weder einen Kommentar noch eine Erklärung. Doch sie passen ins Spektrum der „Thoughts&Insights“ auch wegen ihrer Artverwandtschaft mit OUBEYs Haltung, mit seinen Gedanken und Gefühlen in diesen Fragen, die mich sofort erstaunt und berührt hat, als ich „Uneasy Rider“ zum ersten Mal sah.
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Die Dokumentation „Uneasy Rider“ läuft übrigens auf Arte TV am 29. Juli 2019, leider mal wieder sehr spät in der Nacht.
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Photo credit (Bits): Sebastián-Dario
Photo credit (Thoughts&Insights): OUBEY – Summer Day
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