Thoughts & Insights

OUBEY und der Fosbury Flop

Dass ich heute über OUBEY und den Fosbury Flop schreibe, geht auf eine Inspiration aus dem Vortrag von Prof. Peter Kruse zurück, den er zur Eröffnung der „OUBEY Global Encounters Tour“ in Berlin vor zwei Wochen gehalten hat.

Dick Fosbury war der erste Hochspringer, der nach schnellem, bogenförmigen Anlauf bei den letzten Schritten kurz vorm Absprung seinen Rumpf drehte und aus dieser Haltung heraus dann mit dem Rücken zur Latte zum Sprung ansetzte. Noch eine Stunde vor seinem Sprung zur olympischen Goldmedaille wurde er von seinen Konkurrenten 1968 in Mexico City mitleidig belächelt.

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Nachdem er mit seiner „verrückten“, eigenwilligen, von ihm ganz allein entwickelten Technik als einziger Hochspringer in diesem Wettkampf die Höhe von 2,24 Metern übersprungen und olympisches Gold gewonnen hatte, wich das Mitleid der Konkurrenten einem großem Staunen. Und das Stadion war restlos begeistert.

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Wenn ich seinen Vortrag richtig verstanden habe, wollte Peter Kruse mit diesem Beispiel zeigen, dass Autonomie das Finden neuer Wege und Möglichkeiten fördert, denn sie befreit von den etablierten Wahrnehmungs- und Denkmustern. Autonomie ist ein Wesensmerkmal des neugierigen Grenzgängertums und somit eine Voraussetzung für das erfolgreiche Überschreiten von Grenzen.

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OUBEY war – in den ihm eigenen Denk- und Handlungsfeldern – ein ebenso autonomer wie neugieriger Grenzgänger. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Prof. Kruse stellte dies bereits vor mehr als drei Jahren seinem Encounter mit einem von OUBEYs Bildern fest. Neu ist seit Kruses Vortrag in Berlin das Erkennen der Ähnlichkeit in der Vorgehensweise zwischen Dick Fosbury und OUBEY, auch wenn die beiden vollkommen unterschiedlichen Professionen dienten und in vollkommen unterschiedlichen Kontexten agierten.

OUBEY wollte, im Unterschied zu Fosbury, selbstverständlich keine Weltrekorde aufstellen und kein olympisches Gold gewinnen. Aber beiden ist gemeinsam, dass sie nicht bereit waren, sich den Maßgaben einer etablierten Vorstellung zu unterwerfen, die festlegt „wie man zu springen hat“. Beide entwickelten eine eigenwillige Haltung, frei von den Regeln und Mechanismen des etablierten Betriebs – hier der Sportbetrieb, da der Kunstbetrieb. Auch OUBEY sprang, wenn man so will, mit dem Rücken zur Latte – allerdings nicht für alle sichtbar und meßbar in den Stadien, sondern für niemanden sichtbar und messbar außer ihm selbst in seinem Atelier. Die Qualität seiner geistigen und künstlerischen Sprungkraft wird erst heute, posthum und in kleinen Schritten, für die Außenwelt erkennbar.

 

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