Thoughts & Insights

Wenn die Zeit stillsteht

Seiner computerbasierten „Malerei mit Licht“, die zwischen 1988 und 1993 am Amiga 500 entstand, gab OUBEY den Namen „PhotonPainting“. Für ihn war das weniger eine Technik als eine Idee, eine Philosophie: die Idee des Malens mit Licht.

„Es ist vielleicht auch eine Reminiszenz an den Grenzcharakter, die universelle Konstante der Lichtgeschwindigkeit, die uns Menschen vom physischen Erleben des Universums trennt. Diese Konstante behält uns in einer Art Quarantäne, deren Grenzen wir nur mit Hilfe der Phantasie überwinden können“, meinte er selbst dazu einmal.

Wie diese Grenzen mit Hilfe der Phantasie überwunden werden können, zeigt die Science Fiction. Aber auch ein Wernher von Braun hat sich vor mehr als vierzig Jahren Gedanken über die Erreichbarkeit der Sterne gemacht, die weit über die Grenzen des technisch Machbaren hinaus in die Regionen dessen vorstoßen, was wir Phantasie nennen. Damals sprach er von einer „Photonenrakete“, mit der man – wenn es sie gäbe – in Lichtgeschwindigkeit durchs All reisen kann, um während der Dauer eines Menschenlebens einen Fixstern in 1000 Lichtjahren Entfernung erreichen zu können. „Es wäre notwendig, eine Rakete zu ersinnen, in der die gesamte Masse M des zugeführten Treibstoffs´ in Strahlungsenergie E verwandelt wird, nach der berühmten Einstein´schen Beziehung: E = M·C². Das Ausströmprodukt so einer `Photonenrakete´ wäre ein Strahlungsstrom, und die Ausströmgeschwindigkeit würde natürlich der Lichtgeschwindigkeit C entsprechen“. Das klingt sehr plausibel, doch „das Problem besteht darin, dass kein Mensch weiß, wie man eine Photonenrakete bauen kann“.

Ein weiteres Problem stellt sich hinsichtlich der Konsequenzen, die eine Reise mit Lichtgeschwindigkeit für das Leben des reisenden Menschen hätte. Da sich der Zeitablauf eines Objekts, das sich der Lichtgeschwindigkeit annähert, gegenüber dem Zeitablauf eines stationären Beobachters (z.B. auf der Erde) zunehmend verlangsamt bis es beim Erreichen der Lichtgeschwindigkeit zum vollkommenen Zeitstillstand kommt, würde für einen Menschen, der mit Lichtgeschwindigkeit im All unterwegs ist, die Zeit nie vergehen. Dieser Effekt würde es für einen Astronauten möglich machen, von der Erde zu einem Fixstern, der sich in 1000 Lichtjahren Entfernung befindet, in einer Zeitspanne zu gelangen, die er als 13,2 Jahre ansehen würde. Inklusive der Rückreise wäre er insgesamt 26,4 Jahre unterwegs – wenn er nirgendwo verweilt. Diese Expedition ließe sich also durchaus im Zeitrahmen eines Menschenlebens durchführen. „Das Problem ist nur“, schreibt von Braun, „dass während seiner Abwesenheit auf der Erde mehr als 2000 Jahre vergangen sein würden. Es könnte ihm deshalb passieren, dass er nach seiner Rückkehr in einem Zoo endet.“

Dergleichen Probleme haben die Neutrinos vermutlich nicht. Wie man aufgrund der Versuche im Teilchenbeschleuniger des CERN in Genf seit drei Wochen weiß, sind Neutrinos ja wohl noch einen Hauch schneller unterwegs als das Licht. Wer weiß, vielleicht gibt es ja dann in 50 Jahren doch noch diese superschnelle Rakete – angetrieben durch Neutrinos …?

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