Thoughts & Insights
Die Magie der Mathematik
Ist die Mathematik eine Erfindung des menschlichen Gehirns oder existiert sie unabhängig von uns und wir sind nur diejenigen, die ihre Geheimnisse entdecken und ergründen?
Warum funktioniert die Anwendung der Mathematik in der Wissenschaft so gut und wie ist es möglich, dass die Mathematik unser sichtbares Universum so hervorragend beschreibt – fragte selbst ein Albert Einstein. Das spiralförmige Gehäuse einer Nautilusschnecke ähnelt der spiralförmigen Anordnung von Galaxien. Was hat das zu bedeuten?
Alles was physisch existiert, scheint aus Zahlen und Gleichungen zu bestehen. Die Zahl der Blütenblätter einer Blume folgt demselben Prinzip wie die Zahl der Samen im Kopf einer Sonnenblume, wie die Unterseite eines Tannenzapfens oder die idealen Proportionsverhältnisse eines menschlichen Gesichts.
Die Zahlen 2, 3, 5, 8, 13, 21 … spielen hier eine besondere Rolle. Das zugrundeliegende Prinzip ist die sogenannte Fibonacci Folge, benannt nach dem italienischen Mathematiker Leonardo da Pisa, auch Fibonacci genannt. Er entdeckte im 13. Jahrhundert, dass bestimmte Zahlen in der Natur besonders häufig vorkommen. Mathematisch ausgedrückt sieht das so aus: Man beginne mit dem einfachsten: 1+1= 2 und addiere dann immer die letzten beiden Zahlen, also 1+2=3, 2+3=5, 3+5=8, 5+8=13, 8+13=21, 13+21=34 usw. Eine Spielerei? Ja, irgendwie schon. Aber eine Spielerei mit Bedeutung. Befinden wir uns womöglich in einem gigantischen universalen Spiel? OUBEY, dem selbst komplizierteste mathematische Angelegenheiten keinerlei Mühe bereiteten, gefiel diese Vorstellung.
Mit der berühmten Zahl Pi verhält es sich ähnlich. Jeder kennt sie, aber wer weiß schon, was sie wirklich bedeutet? Sie sagt uns, welche Farben in einem Regenbogen erscheinen und wie sich ein eingestrichenes „C“ auf dem Klavier anhören sollte.
Bereits Pythagoras, dessen nach ihm benannten Satz die meisten von uns kennen und viele vermutlich sogar zitieren können, erforschte die Verwandtschaft zwischen Mathematik und Musik: Oktave, Quinte und Quarte sind durch das mathematisch beschriebene Längenverhältnis schwingender Saiten bestimmt – 2:1 bei der Oktave, 3:2 bei der Quinte und 4:3 bei der Quarte. Und auch im Lauf der Planeten um die Sonne findet sich ein finden sich feste Zahlenverhältnisse.
Es scheint offensichtlich, dass bestimmte Zahlenverhältnisse Balance und Harmonie erzeugen. Sind sie Ausdruck einer verborgenen Ordnung in der Natur, die – so wie es aussieht – letztlich aus Zahlen besteht? „Das Universum ist in der Sprache der Mathematik geschrieben“ sagte Galilei dereinst. Und so wie es aussieht hatte er Recht.
Galilei findet sich auch in OUBEYs folgender Zeichnung vom Anfang der 1980er Jahre, in der er die Namen der Forscher, Wissenschaftler und Philosophen festhielt, deren Gedanken, Entdeckungen, Erfindungen und Vorhersagen aus seiner Sicht eine Schlüsselfunktion für das Verständnis unseres Seins haben und die ihm aus dem Stand einfielen.
Von Pythagoras und Platon über Galilei, Newton, Leibniz und Einstein bis hin zu den unzähligen Forschern und Wissenschaftlern unserer Zeit bleibt uns ein wachsender Fundus an Erkenntnissen und Entdeckungen, die durch konsequentes Zählen, (Be)Rechnen und Schlussfolgern in Formeln und Prinzipien fixiert wurden, auf deren Grundlage Wissenschaftler heute ein Roboterfahrzeug von der Größe eines Autos auf dem Mars oder eine Rosetta Sonde auf einem Kometen landen lassen können – ferngesteuert von der Erde in die weiten Tiefen des Alls.
Faszinierend an der Mathematik ist nicht zuletzt auch, dass sie schier unglaubliche Vorhersagen treffen kann, die sich bewahrheiten, sobald der Mensch die Technik entwickelt hat, die dazu in der Lage ist, ihre Richtigkeit zu beweisen.
Als der Planet Uranus vor 200 Jahren von seiner bisherigen Umlaufbahn um die Erde abwich, führten mathematische Berechnungen zu der Annahme, dass diese Abweichung durch die Gravitation eines anderen Planeten verursacht sein muss – ein unbekannter Planet, der bis dahin niemals gesichtet worden war. So wurde – rein mathematisch – Neptun entdeckt lange bevor wir ihn sehen konnten.
Ähnlich war das auch mit der Vorhersage von Peter Higgs, der aufgrund mathematischer Berechnungen vor mehr als 50 Jahren vorhersagte, dass ein ganz neues Teilchen – ein Urbaustein des Universums – entdeckt werden kann, sobald Menschen in der Lage sind eine Maschine zu bauen, die es ermöglicht, atomare Teilchen mit annähernder Lichtgeschwindigkeit aufeinanderprallen zu lassen. Der gigantische Teilchenbeschleuniger des CERN in Genf hat dies vor drei Jahren geschafft. Das Teilchen trägt nun Higgs´ Namen und er selbst erhielt den Nobelpreis dafür.
Nun wurde vor kurzem aufgrund mathematischer Berechnungen die Existenz eines neunten Planeten in unserem Sonnensystem „vorhergesagt“. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese neue Vorhersage der Mathematik auch sichtbar gemacht werden kann. Das kann dann schon mal 100 Jahre dauern, wie im Fall der von Albert Einstein in seiner Relativitätstheorie 1915 vorhergesagten Gravitationswellen. Ihre Existenz konnte dieser Tage nachgewiesen und wurde der Öffentlichkeit am 12. Februar 2016 erstmals präsentiert.
Ist Mathematik eine naturgegebene Wahrheit oder hat sie etwas damit zu tun wie wir Menschen die Natur wahrnehmen? „Für mich ist das einfach ein faszinierendes Rätsel. Ich kenne die Antwort nicht“, sagte Andrew Lankford von der University of California in einem Interview, das er im tiefen Tunnel des LHD im CERN gegeben hat. Genauso geht es mir heute auch.
Wie wunderbar wäre es gewesen, hätte nur ein einziger Mathematiklehrer im Unterricht auch nur ein einziges Mal eine dieser Fragen gestellt anstatt uns die Formeln mathematischer Erkenntnis unerklärt eintrichtern zu wollen. Meine Gehirnzellen wären ganz sicher schlagartig in den Modus höchster Aufmerksamkeit gegangen. Ich wäre neugierig geworden und hätte womöglich vor vielen Jahren bereits wenigstens eine leise Ahnung davon bekommen, was Mathematik eigentlich oder möglicherweise ist und sein kann. Man muss ja nicht alles verstehen oder beherrschen, aber man sollte wenigstens die Bedeutung dessen erkennen, was man nicht versteht oder beherrscht.
Umso glücklicher ist meine Erinnerung daran wie OUBEY mir eines Nachts im Winter 1983 das Prinzip und den Sinn der Vektorrechnung klarmachte. Damals begann ich mich zum ersten Mal in meinem Leben für Mathematik zu interessieren.
Quellen:
ARTE TV vom 12.02.2016: The Great Myths of Math — hhorak.de — de.wikipedia.org — Sam/Wikipedia — Jack Rustin – Beeindruckendes.de
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