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BANKSY´S GENIALER COUP

Dieser Augenblick wird lange nachhallen, da bin ich mir sicher. Eben hatte ein Bieter am Telefon den Zuschlag für Banksy´s Bild „Girl with Balloon“ für 1,4 Millionen Pfund erhalten, da wurde ein heimlich von Banksy selbst eingebauter Selbstzerstörungsmechanismus im Bilderrahmen gestartet: Und vor den Augen der ungläubigen Anwesenden im Londoner Auktionshaus Sotheby’s kam der untere Teil des Bildes geschreddert aus dem Rahmen heraus.

Eine weitere geniale Aktion des Künstlers Banksy, mit der es ihm gelingt, die absurden Mechanismen des kommerziellen Kunstbetriebs für alle erkennbar offenzulegen. Hierzu muss man wissen, dass Banksy als Streetart Künstler zwar großen Wert auf die Wirksamkeit seiner Graffitis und Aktionen legt, sich am Millionenspiel des Kunstmarkts jedoch nicht beteiligt. Seine Unabhängigkeit ist ihm wichtiger als Ruhm und Reichtum.

Umso verwunderlicher, dass nun „Girl with Balloon“ im Auktionshaus Sotheby´s versteigert wurde und just in dem Moment, als das Bild für einen dieser astronomischen Preise in den Besitz des Meistbietenden überging, durch die Selbstzerstörung wertlos wurde. Genau hier setzt Banksy´s entlarvender Geniestreich an: Wird ein zerstörtes Bild in diesem System zwangsläufig wertlos? Das Beispiel zeigt, dass das Gegenteil der Fall ist: es steigt in seinem Wert sogar noch erheblich an. Und so verwandelt sich das geschredderte Bild in eine Lupe, durch die die Absurditäten des kommerziellen Kunstbetriebs en detail und live betrachtet werden können.

Girl with Balloon – ein Testballon?

Sobald man sich als Künstler in dieses Spekulationssystem des Kunstmarkts hinein begibt, kann man sich seinen Wirkungsmechanismen kaum noch entziehen und läuft Gefahr, nach und nach seine innere Freiheit gegen Geld einzutauschen. Aus diesem Grund verkaufe ich OUBEYs Bilder nicht. Sie sind in größtmöglicher geistiger Freiheit entstanden. Diese Freiheit möchte ich ihnen und auch mir in meinem Tun erhalten. Sie brauchen keine materielle Wertschätzung, um ihren Wert als Kunstwerke zu beweisen. Klar, dass mir Banksy´s Haltung und die intelligente Konsequenz  seiner Aktionen sehr gut gefällt. Auch er arbeitet nicht für den Verkauf, sondern für Wirksamkeit und öffentliche Wahrnehmung.. 

Und wenn er ausnahmsweise doch einmal verkauft, dann entwickelt sich um den Verkauf eine aufklärerische Wirkung. So auch, als er einmal anonym an einem Stand im Central Park New York den Passanten Originale für 60 Dollar zum Verkauf anbot. Wer dort dem unbekannten Künstler ein Bild abkaufte, tat es nicht, um einen „Banksy mit Aussicht auf rasante Wertsteigerung“ zu erwerben, sondern aus Interesse und Sympathie. Banksy filmte die Aktion und veröffentlichte den Film – zum Ärger aller Kunsthändler, denen dieses einmalige Schnäppchen entgangen war. Sie hätten die Werke ohne Frage liebend gerne für Unsummen weiterverkauft.

Sein „Girl with Balloon“ hatte Banksy angeblich mit der Auflage verschenkt, dass es vom Beschenkten niemals verkauft werden darf. Ein Testballon, der zeigen sollte, wie stark die Gegenkräfte sind, um den Verlockungen des Kunstmarktes zu widerstehen. Gegenkräfte wie „Respekt vor dem Wunsch des Künstlers“, Wertschätzung für den Vertrauensbeweis dieses Geschenks“ oder auch einfach nur die „Liebe zur Kunst“.

Diese Kräfte waren offensichtlich nicht so stark wie die Anziehungskraft des Marktes, auf dem das Bild dann zur Auktionsware wurde.

Wertsteigerung durch Zerstörung 

So unterschiedlich der Charakter ihres Werkes ist – in ihrem Freigeist, ihrer Fähigkeit zur Autonomie und ihrer distanzierten Haltung zum Kunstmarkt sind OUBEY und Banksy sich sehr ähnlich. Beide haben sich den Wirkungsmächten des Kunstbetriebs entzogen. OUBEY tat es vor allem, um möglichst unbeeinflusst von äußeren Erwartungen die Bilder malen zu können, die in seinem Kopf entstanden. Banksy tut es, um mit seiner Arbeit diesen Kunstbetrieb zu entlarven und zu kritisieren und um seine Kunst dahin zu bringen, wo er ihren eigentlichen Platz sieht: unter die Menschen, die sich teure Kunst gar nicht leisten können. 

Wer meint, dass die Steigerung des Verkaufswerts von „Girl with Balloon“ nach der Zerstörungsaktion bedeutet, dass Banksy mit dieser Aktion sein Ziel verfehlt, ja sogar das Gegenteil erreicht hat, der irrt.

Denn gerade diese Wertsteigerung zeigt wie stark die Macht der Spekulation ist, und dass es nicht die Kunst ist, die hier im Vordergrund steht. Sondern dass sich der Markt die Kunst nach Belieben einverleibt. Selbst wenn sie zerstört ist. 

Banksy´s Inszenierung war perfekt. Sie macht auf einmalige Weise sichtbar wie der Markt funktioniert, wie er sich wendet und dreht, sich den Gegebenheiten anpasst und letztlich durchsetzt. Ob man das gut oder schlecht findet, steht auf einem anderen Blatt. Klar ist, dass es so ist. Das entlarvende Ziel ist erreicht. Alle Welt redet über die Aktion und wird sie wohl so schnell nicht vergessen.

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