Thoughts & Insights
Der Endzustand bleibt offen
Seit dem 5thAnniversary Happening von OUBEY MINDKISS bekamen wir viele interessante Resonanzen, insbesondere von denjenigen, die am 5. Mai im Karlsruher ZKM dabei sein und so auch einige von OUBEYs Bildern erstmals im Original sehen konnten.
Hier ist eine davon:
„OUBEYs Bilder sind visionär. Sie eröffnen mir einen Blick in die Zukunft, obwohl sie mehr als dreißig Jahre alt sind.“
Speziell diese Resonanz brachte mich auf den Gedanken, hier im Blog – nach fünf Jahren OUBEY MINDKISS in der Öffentlichkeit – OUBEY erstmals selbst zu Wort kommen zu lassen, was die besondere Qualität seiner Bilder, aus seiner eigenen Sicht, betrifft. Hier deshalb ein bisher unveröffentlichter Ausschnitt aus dem Interview, das im Jahr 1992 anlässlich seiner ersten und einzigen Ausstellung zu Lebzeiten aufgezeichnet wurde. Auch wenn OUBEY sich hier an einer Stelle explizit auf die Qualitäten des Quadrats bezieht, wissen wir heute aus vielfältigster Resonanz, dass sich die von ihm beschriebene Wirkkraft seiner Bilder keineswegs auf die quadratischen Formate beschränkt:
„Die Veränderung in der Vorstellungswelt des Betrachters entsteht beim Bild nicht durch Außeneinwirkung, nicht dadurch, dass der Betrachter um das Objekt herumgeht und so z.B. Licht- und Schattenwirkung verändert, sondern dadurch, dass es sich in seinem Bewusstsein modifiziert, dort einen irreversiblen Prozess auslöst. Diese Leistung kann ein Bild, wenn es die entsprechende Qualität hat, erbringen. Dann entsteht die Bewegung auf der Bildfläche selbst; dann sind in diesem zweidimensionalen Objekt Schlüsselmomente, Schlüsselpunkte enthalten, die im Bewusstsein des Betrachters eine gezielte vierdimensionale Projektion auslösen, und zwar als eine Kette sich ständig neu zusammensetzender optischer Zusammenhänge. Die Bewegungsdynamik ist im Bild gespeichert.
Das Quadrat schafft die geometrische Grundvoraussetzung dafür, dass sich unter bestimmten Bedingungen Unordnung und Chaos in Ordnung verwandeln können. Das Bild ist innerhalb des Quadrats so angelegt, wobei das Quadrat als Symbol für einen gravitationsfernen Zustand steht, so dass sich ständig neue dynamische Zustände im Bewusstsein des Betrachters bilden können. Die Bilder von Jackson Pollock haben diese Qualität zum Teil auch, aber bei Jackson Pollock steht die Bewegungsdynamik des Malens so stark im Vordergrund, dass dieser Bewusstseinseindruck eher einer superben Monotonie auf einer hohen, komplexen Ebene gleicht und auf dieser Ebene stabilisiert wird.
Meine Bilder dagegen fügen sich immer wieder zu immer neuen Strukturen zusammen, über die gesamte Betrachtungsdauer hinweg. Sie haben eine Anfangsbetrachtungsdauer, in der das Bild eine Beunruhigung, eventuell eine Irritation oder eine Begeisterung auslöst. Im Laufe der Betrachtung kann man einen Weg zurücklegen, es kann ein stärkerer geistiger Prozess beim Betrachter stattfinden als bei anderen Bildern, die sich selbst klarer definieren und klarer darstellen. Die Prozesse, die sich im Bewusstsein des Betrachters abspielen können, versuche ich im Bild bewusst so anzulegen, dass der Endzustand offen bleibt. Ich akzeptiere also bewusst eine irreversible Struktur. Letztlich steht dahinter die Idee, dass die Betrachtung jedes Mal eine ganz neue, eigene Geschichte ist – und zwar als intendierter, ausdrücklich gewollter Wesenskern des Bildes.“
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Im Encounter von Frans Boeckhorst mit OUBEYs Bild „Die Reise der Monaden“ wird vieles von dem erlebbar, was OUBEY vor fast fünfundzwanzig über die von ihm intendierte Wirkungsweise seiner Bilder sagte.
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