Thoughts & Insights

Wenn unser Geist auf Wellen reitet

Wie entsteht ein Klang? Und was passiert mit uns und in uns, wenn wir die Klangbilder einer Sinfonie wie der großartigen Pathétique von Tschaikowsky hören? Was spielt sich in uns ab, nachdem die Schallwellen unser Ohr erreicht haben, in unseren Kopf eingedrungen sind, wenn wir sie uns regelrecht einverleiben und dabei ein breites Spektrum an Gefühlserlebnissen durchlaufen, denen wir uns nicht oder nur schwer entziehen können und deren Zustandekommen mehr als rätselhaft erscheint?

Die Antwort auf diese Fragen eröffnet uns sowohl die Wunderwelt des Kosmos, der uns umgibt, als auch die Wunderwelt unseres eigenen Körpers, insbesondere unseres Gehirns.

wellenz

Das beginnt mit der Tatsache, dass unser Kosmos ganz wesentlich aus unterschiedlichsten Wellen besteht und dass wir zumindest einige Frequenzen dieser elektromagnetischen Wellen empfangen, d.h. hören oder sehen können. Es geht weiter mit dem filigranen Aufbau unseres empfindlichen Hörorgans, durch den diese Wellen erst wirklich zu dem werden, was unser Gehirn als einen Klang wahrnimmt und führt bis hin zum Entstehen unterschiedlichster Gefühle, die durch diese Klänge in unserem Gehirn ausgelöst werden, insbesondere dann, wenn es sich um musikalische Klanggebilde wie Akkorde und Harmonien handelt.

Mit dem Prozess der Entstehung von Bewusstsein durch die Verwandlung von Klangwellen im Gehirn hat sich OUBEY in drei Skizzen beschäftigt, die er „Musikalisch-Topographischer Versuch“ nannte.

Durch die Musik können wir von der beschwingten Freude bis zur tiefen Traurigkeit, von den Schauern der Ehr- und Gottesfurcht bis hin zur explosiven Energieentladung im Tanz geraten. Wir können mit ihr so sehr verschmelzen, dass wir mit dem Vergehen des letzten Tons kollektiv verstummen anstatt zu applaudieren, wie im letzten Blog beschrieben. Das kann Musik bewirken! Für die so entstandenen Gefühle gibt es keine andere, „realere“ Ursache als die, dass ein entsprechender Klang durch unser Ohr ins Gehirn vorgestoßen ist. Das ist schon mehr als erstaunlich. Und haben wir erst einmal erlebt, welche Gefühle und Stimmungen unterschiedlichste Musik in uns freisetzt, können wir uns von da an bewusst dafür entscheiden uns ein bestimmtes Gefühlserlebnis zu verschaffen, indem wir zum Beispiel die Mondscheinsonate von Beethoven oder die Nonenakkorde von Brian Wilson hören.

Auch wenn wir all diese Wirkungszusammenhänge eines Tages wissenschaftlich soweit erforscht haben, dass wir sie vollständig erklären können, bleibt unsere Freiheit, den eigenen Geist mit Hilfe der Musik auf den Wellen des Kosmos reiten zu lassen, hiervon unberührt. Das ist gut so.

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