Thoughts & Insights
Wanderer und Entdecker
Der weltbekannte Kosmologe Lawrence Krauss bringt es auf den Punkt: Aus einer kosmischen Perspektive betrachtet sind wir Menschen unbedeutend.
Und genau in dieser Erkenntnis liegt die Möglichkeit, eine vielleicht ganz neue Sichtweise auf die Bedeutung und den Sinn unseres Hierseins zu gewinnen. Sein bemerkenswertes Kurzstatement fanden wir kurz nach der Veröffentlichung dieses Blogs im Internet und da es perfekt zum Themas dieses Beitrags passt, wollen wir es ihm voranstellen.
Menschen sind Wanderer und Entdecker – schon immer gewesen. In zigtausenden von Jahren der Wanderschaft durch die bisherigen Etappen der Evolutionsgeschichte kamen wir zu immer neuen Bildern von uns selbst, der Welt und dem Kosmos, in dem wir leben. Wir hielten den Erkenntnisstand einer Epoche für die Wahrheit und etablierte Institutionen erklärten den jeweiligen Status dann auch gerne mal zur absoluten Wahrheit – aus unterschiedlichsten Interessen heraus.
Wer es wagte, das geozentrische Weltbild von einer Sonne, die um die Erde kreist, anzuzweifeln oder gar wissenschaftlich zu widerlegen, wurde von der Kirche, die sich dieses Bild zu eigen gemacht hatte, bis aufs Blut bekämpft. Die Aufklärung begründete einen Triumphzug der Wissenschaft und räumte schrittweise mit den kirchlichen Denkmodellen auf. Im Zuge dieser Entwicklung entstand ein neues Selbstbild: Der denkende, forschende, alles hinterfragende Mensch, der Homo Sapiens verstand sich als einzigartige Spezies und erhob sich zum Maß aller Dinge. Wissenschaft und Forschung schufen die Grundlage für erstaunliche technische Entwicklungen, die dieses homozentrische Weltbild immer und immer wieder befeuerten. Über dieses Stadium sind wir heute noch nicht wirklich hinaus.
Nichts und niemand kann uns konnte uns bisher daran hindern oder uns aufhalten weiter zu wandern und zu forschen. In kritischen Phasen des Umbruchs wie der Renaissance oder der Aufklärung waren es zunächst nur einzelne wenige, die den Mut haben, weiterzuschreiten, vorwärts zu denken und neue Horizonte zu öffnen. Doch ihr Mut und die Kraft ihrer Erkenntnis konnten irreversible Prozesse auslösen, die auf alle und auf alles eine Auswirkung haben.
Nun sieht es so aus, als hätten wir genau auf diesem Weg heute, am Beginn des 21. Jahrhunderts, einen Erkenntnisstand erreicht, der uns an einen Wendepunkt des Selbstbewusstsein bring. Ob wir abdriften in eine Hybris oder uns in neuer Bescheidenheit wiederfinden, wird vielleicht eine der Fragen sein, die über den zukünftigen Werdegang unserer Spezies entscheidet.
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Astrophysik, und Astronomie haben die Grundlage für ein Weltbild geschaffen, das den Kosmos als Heimat unseres Planeten erkennt und uns Menschen als evolutionäre Konsequenz aus dem Sterben von Sternen: ein kosmozentrisches Weltbild, in dem wir uns als Teil des Ganzen verstehen. Die bemannte Raumfahrt hat uns zur ersten aller Generationen werden lassen, die ein kollektives Bild von der frei im All schwebenden wunderschönen Kugel im Kopf haben, die unser Heimatplanet Erde ist. Astronauten kehren mit einem anderen Bewusstsein auf die Erde zurück als dem, mit dem sie hinaus ins All gestartet sind.
Welche Rolle die neue, von uns selbst erschaffene Spezies der Künstlichen Intelligenz für unser Selbstbild und bei der weiteren Erforschung des Universums vielleicht schon in naher Zukunft spielen wird, weiß heute noch keiner so genau. Dass dem so sein wird, steht aber kaum noch außer Frage.
Und gleichzeitig verändert sich das Bild von unserer evolutionären Herkunft radikal. Die Genforschung hat durch DNA-Analysen die Grenzen der Paläoanthroplogie gesprengt und festgestellt, dass wir heutigen Menschen artverwandt sind mit den sogenannten „Archaischen Hominiden“, auf die wir bisher eher mit wissenschaftlichem Interesse, aber ohne irgendein Zugehörigkeitsgefühl geschaut haben. Wir sind nicht die einzigartige Spezies, für die wir uns bisher gehalten haben. In uns heutigen Menschen lebt genetisch die ganze Geschichte der prähistorischen Hominiden.
Während wir also gerade dabei sind, in neue weite Räume und zu wahrlich neuen Ufern aufzubrechen, stellt sich dank modernster Wissenschaftstechnologie immer klarer heraus, wer wir sind, woher wir kommen und dass wir nicht die sind, für die wir uns bisher gehalten haben. In dem Genom eines jeden von uns steckt ein Anteil des Neandertalers, mit dem der damalige „Homo Sapiens“ (vielleicht wird man einen neuen Namen finden müssen?) in der Gegend des heutigen Israel mehr als zehntausend Jahre lang in Nachbarschaft lebte. Und selbst Anteile von Hominiden, die vor mehr als 300.000 Jahre in Afrika lebten, konnten inzwischen nachgewiesen werden. Wir sind hervorgegangen aus einer Vermischung und diese Vermischung resultiert aus der Wanderschaft und dem Entdeckergeist unserer Ur-Vorfahren vor zigtausenden von Jahren. Ob uns diese Erkenntnis im Bewusstsein erreichen wird und was sie dort bewirken wird, steht auf einem anderen Blatt.
So ist das mit all den neuen Erkenntnissen dieser Tage. Sie bergen großartige Möglichkeiten einer neuen Selbstbestimmung in sich. Die Zahl und Qualität neuer Erkenntnisse wächst exponentiell mit rasantem Tempo. Immerhin hat uns die Evolution durch den aufrechten Gang zwei freie Hände geschenkt und auch ein fantastisches Gehirn, dessen Neugier uns in die Lage versetzt, Grenzen erfolgreich zu überschreiten. Und zu alldem ein Bewusstsein, das über die elementaren und existenziellen Fragen nachdenken und Entscheidungen treffen kann. Wir haben alles, was wir brauchen, um unsere Tat-und Willenskraft und unseren Forscherdrang mit einem Selbstbewusstsein in Demut und Bescheidenheit zu verbinden. Ob das ausreicht, wird sich zeigen. Wenn wir es selbst nicht tun, wird die Evolution das für uns übernehmen.
Wie gerne würde ich dieses Thema mit OUBEY diskutieren. Seine Gedanken hierzu wären sicherlich ebenso radikal und polarisierend wie befruchtend. Im Kern wären sie dieselben wie meine. Sie stecken auf ganz eigene Weise aber auch immer noch in seinen Bildern.
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- Sie finden sich unter anderem auch wieder in der Begegnung von Prof. Friedemann Schrenk, Paläoanthropologe am Senckenberg Institut in Frankfurt, mit einem von OUBEYs Bildern, in der er unter anderem zu der Erkenntnis kam, dass in diesem Bild „7 Millionen Jahre“ menschlicher Entwicklungsgeschichte stecken.Quellen und Hintergrundinfos auf ARTE: Einer von uns:
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